Ungewöhnliche Zeit, ungewöhnlicher Ort: Breslau im Mai 1933. Die 17-jährige Baronin Marietta von der Malten und ihre Gouvernante werden im Salonwagen des Zuges Berlin-Breslau bestialisch ermordet aufgefunden. Der Breslauer Kriminalinspektor Eberhard Mock fühlt sich an einen Ritualmord erinnert. Der Verdacht fällt auf den jüdischen Zoohändler Friedländer. Die antisemitische Hetze, die einsetzt und von den gerade an die Macht gekommenen Nazis geschürt wird, treibt Friedländer in den mutmaßlichen Selbstmord. Damit scheint der Fall gelöst. Kriminalinspektor Mock, der über die Machenschaften in Breslauer Kreisen bestens informiert ist, zweifelt an den offiziellen Darstellungen. Als ihm aus Berlin der junge Kriminalassistent Herbert Anwaldt geschickt wird, der sich nach seinen alkoholischen Eskapaden in Breslau bewähren soll, setzt Mock diesen noch einmal auf den Fall an. Doch Anwaldt rührt zu tief im Breslauer Sumpf. Ohne es zu wissen, hat er mehr mit dem Fall zu tun, als er auch nur ahnen kann. Marek Krajewskis düstere Story um Geheimsekten und korrupte Nazi-Extremisten kurz vor der endgültigen Machtergreifung erinnert im besten Sinne an Philip Kerrs Berlin-Noir-Trilogie oder Ingmar Bergmanns Film Das Schlangenei. Mit dem Kriminalinspektor Eberhard Mock hat er eine urtümliche und viel versprechende Polizistenfigur geschaffen. Mock hat das Zeug zum Klassiker: Er wirkt sehr barock, schlitzohrig und abgeklärt, mitten in der fein gezeichneten Breslauer Welt der 30er-Jahre. Krajewskis Darstellung seiner Hauptfigur ist dabei durchaus ambivalent: Der Kriminalinspektor hat sich mit der Mitgliedschaft bei der Breslauer Freimaurerloge seine Karriere erkämpft, die er zum Zeitpunkt der Handlung gegen die mächtiger werdenden Nazis verteidigen muss. Mock kann sehr hart sein, schreckt bei bestimmten Delinquenten nicht einmal vor Folter zurück, und zeigt auch leicht antisemitische Züge. Tod in Breslau ist in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. Polnische Krimiautoren sind selten, und Marek Krajewski zeichnet nicht nur ein spannendes Porträt vom Breslau der 30er-Jahre, sondern liefert zugleich ein starkes und versiertes Krimidebüt! –Christian Koch
— Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.