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Revoltieren Punkerkinder gegen ihre Eltern mit Volksmusik?

Wir hatten beim Fruehstueck gerade die philosophische Debatte, dass alle Kinder gegen den Geschmack ihrer Eltern eine Lieblingsmusikrichtung aussuchen, die denen fuerchterlich zuwider ist.
Dementsprechend muessten ja aber die Kinder von eher aggressiver Musik verfallenen Eltern Richtung Schmalz abdriften, mal so naiv dahingestellt.
Konnte dazu schonmal jemand was beobachten?

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10 Comments »

 
  • doitsuji sagt:

    Also den geneigten Liebhaber der gepflegten Stromgitarre dürfte nichts wahnsinniger machen als ein Filius, der den Hosenschritt in den Kniekehlen trägt und die Mützen verkehrt herum trägt. Schließlich lässt das, was die Musikindustrie in Sachen Hip Hop zur Zeit in den Vordergrund rückt, nicht gerade eine politische Haltung erkennen. Da sind Papa und Mama selten glücklich, wenn der Sohn mit den ‚Schmuddelkindern spielt‘. Letztendlich sind die Rebellen von einst, die Alt-68er, Späthippies, Punks, Rocker, Heavy-Metaler, und was es sonst nicht alles an subkulturellen Strömungen gab und gibt, in der Mitte der Gesellschaft angekommen und gehören quasi zum oft damals verhassten Establishment. Da kann man die Eltern mit dieser merkwürdigen Kleidung und dieser Musik, die eigentlich keine ist, ganz gut ärgern.
    Dass sich die Jugend von älteren Generationen absetzt und sich selbst definiert halte ich nur für gesund und notwendig. Allerdings war es in vergangenen Zeiten wohl auch einfacher, sich abzugrenzen, weil die früheren Elterngenerationen häufig wesentlich konservativer gewesen sein dürften als heutige Elterngenerationen. Prägende Einschnitte im Leben wie den zweiten Weltkrieg haben selbst die Eltern meiner Generation nur peripher erfahren. Deshalb muss man sich ebenfalls die Frage stellen, ob der radikale Bruch mit den Werten der Elterngeneration und Rebellion gegen sie überhaupt attraktiv erscheint.
    Wenn also Rebellion noch attraktiv erscheint, kann man mit Sicherheit als Jugendlicher heute schocken mit Wertkonservativismus, von rechtskonservativ bis hin zu rechtsradikal, da ich die Elterngeneration von heute tendenziell durchaus eher links bis liberal verorten würde, oder sich zumindest in der Jugendzeit mit linken Themen auseinandergesetzt hatte. Auch Konsumerismus wird so manchen Erwachsenen mit noch latent vorhandener Konsumkritik auf die Palme bringen. Ein Bruch mit der kulturellen Tradition im Haus, sei sie auch selbst gewählt, Musik, Ernährung, etc, dürften ebenfalls den einen oder anderen sauer aufstoßen lassen. Konfliktpotenzial und Reibungspunkte gibt es also zu Hauf. Dass dabei die Jugend plötzlich Roy Black hört, wage ich zu bezweifeln, da die Jugend nachwievor stark mediengesteuert ist und die Zeichen für ‚Schmalz‘ dieser Art ungünstig stehen, falls du das meinst. Solange das Internet als pluralistisches Leitmedium die bisher etablierten Medien nicht ablöst, wird es für Volksmusik und Co. wohl ebenfalls schlecht aussehen. Leider kann ich mir dabei nicht erklären, aus welchem ländlichen Vakuum junge Volksmusikstars wie Florian Silbereisen rekrutiert werden. Andererseits zeigt der Erfolg der Kelly Family in den 90ern in Deutschland ganz gut, wie Mädchen plötzlich von traditierten Familienvorstellungen angetan sein konnten. Ob das wirklich Rebellion gegen die Eltern war, weiß ich nicht, aber für Scheidungskinder war das mit Sicherheit ein Gegenentwurf.
    Es stellt sich sicherlich immer auch die Frage, wie die ältere Generation mit Abgrenzung oder Rebellion jeder Art umgeht. Da vergangene Generationen nicht gerade Meister der Selbstreflektion waren, war wohl das Konfliktpotenzial insgesamt umso größer. Heutigen Eltern traue ich auch mehr zu, die subkulturellen Codes der Teenager zu lesen und angemessen zu bewerten, weil die Bewertung der eigenen Abgrenzung zur Elternschar fester Bestandteil des eigenen ‚Erwachsenwerdens‘ und der Persönlichkeitsfindung ist.
    Letztendlich muss man sich immer vor Augen führen, dass Elvis und James Dean, die wohl auch, selbst in Deutschland, als eine Art ‚Prototyp des Cool‘ der nach dem Krieg geborenen durchgehen dürften, heute rüstige Rentner der Generation 70+ wären, wenn sie denn nicht schon früher das Zeitige gesegnet hätten. Die Mechanismen dieser Abgrenzung haben sich seitdem eigentlich kaum geändert, nur die Ausformung und die Kodizes haben sich geändert.
    Umso verwirrender wird die ganze Angelegenheit, wenn man überlegt, dass bspw. der übelste Rocker eigentlich ein Konformist ist, wenn Vati in den 50ern Marlon Brando ein paar Mal zuviel in ‚The Wild One‘ gesehen hatte und somit der Sohn nur in Vaters Fußstapfen tritt. Was ist die heutige Welt doch verwirrend geworden!

  • Franky sagt:

    Nein, manchmal ist es sogar noch eine Steigerung vom Geschmack der Eltern. Ich höre gerne Hard Rock aber mein Sohn hört noch härtere Sachen. Dem kann ich aber auch nichts abgewinnen. Insoweit stimmt deine Aussage wieder.
    Gruß
    Franky

  • MeisterM sagt:

    Das ist in der Tat eine interessante Fragestellung (dafür gibts erstmal einen Stern). Vielleicht gibt es dazu irgendwelche Studien. Könnte man mal unter wissenschaftlichen Suchmaschinen nachgucken.
    Schon möglich, dass es da signifikante Merkmale herauszufinden gibt, die aber sicherlich auch von anderen Faktoren (hauptsächlich pädagogischer Art) abhängen wird: In Migrantenfamilien wird beispielsweise die gemeinsame Kultur eher gemeinsam gepflegt, d.h. die Kinder von Brasilianern hören meistens auch brasilianische Musik wie die Eltern usw. In Familien, in denen ohnehin schon der Haussegen gar nicht stimmt, könnten konträre Geschmäcker verstärkt auftreten, vielleicht als Trotzreaktion. Aber das ist jetzt mal Spekulation.

  • phortos_ sagt:

    wird irgendwann mit Sicherheit kommen^^
    Aber dann mit elektronischen Sound Heino…….

  • ornella sagt:

    Jede Generation erfindet ihre ganz neue Musik und Mode, um sich abzugrenzen, mit der die Eltern meist wenig anfangen können. .

  • stools of a magician sagt:

    Sicher und wie fast immer pegelt sich der Geschmack mit dem Alter auf ein gewisses Maß ein. Andererseits ist die antiautoritäre Erziehung und die „Liberalität“ so weit fortgeschritten das im Idealfall die Kinder nicht mit einer solchen Gegenoffensive starten.

  • Küchenfe sagt:

    Ich kann nur aus meiner Erfahrung berichten:
    Meine Eltern waren Hippies, wir wohnten in einer Art Kommune, zumindest wohnten immer noch ein paar Freunde mit bei uns.
    es gab kaum Regeln, wir Kinder mußten nur zur Dämmerung wieder zu Hause sein, es gab keine feste Zeit für´s Mittagessen oder Abendbrot und schlafen musste auch nicht unbedingt sein, wenn wir nicht wollten.
    Außerdem lebten wir makrobiotisch.
    Meine früheste Auflehnung bestand darin, mir mit 10 DM, die ich von meiner Oma hatte, soviel Süßigkeiten zu kaufen, wie ich mir vorstellen konnte (aber es waren dann immer noch 4 DM übrig…) und die alle auf einmal aufzuessen. Dies allerdings noch heimlich. War aber für mich als damals 5-jährige meine erste bewußte selbstbestimmte Auflehnung gegen die Eltern und fühlte sich an wie die große Revolution.
    Später hab ich mir ohne Ende Schweinskoteletts reingezogen, auch kalt aus´m Kühlschrank und demonstrativ vor meinen Eltern.
    Ich denke, Kinder / Jugendliche suchen sich die Sache aus, die die Eltern wirklich schockiert, bei mir war es Strebsamkeit und Fleisch essen. Bei Kindern aus anderen Elternhäusern war es eben Haschisch und Heavy Metal.

  • Klabaute sagt:

    Ich kenne Familien, da hören die Eltern Rock und Metal und die Kinder ziehen Klassik vor. Volkstümliche Musik wäre auch eine Möglichkeit, aber ich denke eher, daß das ein Phänomen ist, daß fast jeder (auch wenn er dies volkstümliche Gedudel haßt) nach der 2. Flasche Rotwein auch mitsingt. unabhängig vom Musikgeschmack. Dieses seichte Zeug scheint ähnlich wie Kinderlieder zu wirken, dagegen sind wir Menschen wohl auch nicht resistent. Und nach einer gewissen Enthemmung greift der Verstand wohl nicht mehr, wenn in der Eckkneipe der griechische Wein aus den Boxen dudelt.
    Ich k enne auch Familien, in denen Eltern ehrlichen guten alten Rock hören und die Kinder auf R and B umgestiegen sind, ich würde sowas ja „Befruchtungsmusik“ nennen, weil es sich für mich wie Gestöhne anhört, aber die Kids stehen drauf. Hauptsache etwas völlig anderes! :)
    Bei uns haben wir diese Form der Abgrenzung nicht. die Tochter (16) hört in etwa das gleiche wie wir. Also alles zwischen Klassik und Metal und Rock.
    Und auch sonst ist das mit der krampfhaften Abgrenzung nicht so sehr bei uns Thema, da wir eine Patchworkfamilie sind und alles sehr gleichberechtigt machen. So wie es aussieht, scheint sie es nicht für nötig zu befinden auf Teufel komm raus gegen uns rebellieren zu wollen.
    Außerdem kann sie uns ohnehin nicht so wirklich schocken. Würde sie als Punk hier ankommen, würde mich das überhaupt nicht stören, und wenn sie auf den Trichter käme, Hansi Hinterseer hören zu wollen, würde ich lächeln und mich auch nicht dran stören. Wenns ihr gefällt und guttut :)
    Es liegt wohl an der besonderen Familienstruktur bei uns, daß die Rebellion sich bei uns auf gelegentliche Stimmungschwankungen beschränkt. Ansonsten haben wir eine ziemlich demokratische Familienkultur, die mit der Zeit gewachsen ist. Und das war eben möglich, weil wir von Anfang an und auch durch die Umstände auch einen Teil Freundschaft in diese Eltern Kind Beziehung und umgekehrt bringen konnten und mußten. Es ist nicht dieses : Solange du die Füße unter meinen Tisch legst…“ Und wir haben uns geschworen, niemals unsere Vorstellungen von einem „ordentlichen “ Leben in das Kind hineinzuprojezieren.
    Das führt bei Patchworkfamilien immer zum Scheitern, wenn man da nicht behutsam und mit viel Respekt und Toleranz und auf Freundschaftsbasis herangeht, sie weiß, daß wir sie immer aus dem Dreck ziehen, egal was ist, und ansonsten gilt Respekt gegen Respekt, und meistens funktioniert das auch sehr gut. Solange man Töchterchens Freiräume nicht in Frage stellt,stellt sie unsere Freiräume auch nicht in Frage. Und wir reden über alles und immer dann sofort wenns anfällt. Auch das reduziert die Rebellion, glaube ich.
    Mir scheint, wenn mans richtig gemacht hat, wird dann die Rebellion auch kleiner. MIr gefällts besser ohne diese Grundsatzdiskussionen. :)

  • Mutter Schagalla sagt:

    Punerkinder leben wohl mit Vorliebe bei den Großeltern auf. Das führt von selbst zu einer deftigen Verschmalzung. – Nicht alle heißen Nina Hagen!

  • katzenma sagt:

    Noch habe ich Hoffnung, dass es auch anders geht…
    Meine Eltern sind seeeehr tolerant, was Musik angeht, es gab in der Hinsicht also nie etwas, wogegen ich hätte rebellieren müssen – eher im Gegenteil, ich hatte eine kurze Phase, in der ich dieses schreckliche Techno-Zeugs mochte – einmal habe ich eine Scooter-Cd (*schäm* dass ich sowas mal hatte…) im elterlichen Cd-Player vergessen. Als ich nach Hause kam, hatte meine Mutter das Ding entdeckt. Und nicht etwa gesagt „Entferne deinen infernalischen Krach aus meinem Musikgerät!“, nein, sie hat die Cd in brachialer Lautstärke laufen lassen, und lauthals mitgesungen! „Perfekt zum Putzen!“ war ihr Kommentar. Selten sah man mich so sprachlos… Kurz danach hatte sich dieser Spleen dann auch erledigt – ich entdeckte den Heavy Metal für mich. Diesmal war es mein Vater, der mich sprachlos machte, indem er meine Manowar-Kassette im Auto laut aufdrehte, Fenster runter, und „kann losgehen!“
    Mein Musikgeschmack ist jedenfalls sehr vielseitig geworden. Am nächsten stehen mir aber immer noch rockige Sachen…
    Jetzt habe ich selber 2 Kids – der Große hat sogar schon 2 Lieblingsbands: In Extremo und Schandmaul, beides Mittelalter-Rock, sowas hört besonders der Papa gerne…
    Mal sehen, wie lange sich das hält, vielleicht habe ich ja Glück. In ein paar Jahren werde ich anfangen, sie auf Festivals und Konzerte mitzunehmen, wenn sie denn dann noch Interesse daran haben. Wenn sich ihr Musikgeschmack ändert, müssen sie eben warten, bis sie alt genug sind, um auf ihre eigenen Events zu gehen…

 

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