Als „deutscher Liederfürst“ oder verkanntes Genie wird er mittlerweile bezeichnet: Franz Schubert (1797-1828). Doch sein kurzes Leben – er starb bereits im Alter von 31 Jahren – war geprägt von dem nur mittelmäßig erfolgreichen Versuch, sich als Komponist zu etablieren. In der kurzen Lebensbeschreibung, die Oscar Bie seinem Werk voranstellt, vermittelt er dem Leser anschaulich das Ringen um Aufmerksamkeit, aber auch die Unterstützung, die Schubert von seinen zahlreichen Freunden – ihrerseits meist Dichter, Musiker und Künstler – erhielt. Im Vordergrund des vorliegenden Bandes von 1925 steht jedoch die ausführliche Beschreibung und Beurteilung von Schuberts Oeuvre. Der Publizist und Opernkritiker Oscar Bie macht dabei deutlich, wie tief romantisch Schuberts Werke sind, und dass der Wiener Komponist heute nicht umsonst neben Beethoven als Begründer der Romantik im deutschsprachigen Raum gilt. Die Begeisterung vor allem für die „kleine Form“, also die Lieder und Klavierstücke Schuberts, spricht dabei aus jedem Satz Bies, der es aber gerade bei der Bewertung der Opern und Messen auch nicht an leiser, vorsichtiger Kritik mangeln lässt. Auf diese Weise zeichnet er ein vielschichtiges und abgerundetes Bild des Schubert’schen Oeuvres, das durch die zahlreichen Notenbeispiele und Abbildungen belebt wird.