Das Hauptziel dieser Dissertation ist die Rekonstruktion der solaren Helligkeitsvariationen während des aktuellen und den beiden vorherigen solaren Aktivitätszyklen. Das Modell basiert auf der Annahme, dass die Helligkeitsschwankungen über Zeiträume von Tagen bis zum 11-jährigen Sonnenzyklus primär durch das sich verändernde Magnetfeld auf der Oberfläche der Sonne verursacht werden. Die erfolgreichsten, neuesten Rekonstruktionen basieren auf Beobachtungen (Magnetogramme und Kontinuumsintensitätsbilder), die durch das Solar Oscillations Investigation/Michelson Doppler Interferometer (SOI/MDI) des ESA/NASA Satelliten Solar and Heliospheric Observatory (SoHO) durchgeführt werden. Diese Beobachtungsdaten sind jedoch nur für den Zeitraum zwischen 1996 und heute erhältlich. Es ist jedoch wichtig, die Rekonstruktionen für eine Zeit vor dem Start des SoHO Satelliten zu erstellen. Dies ist bis zurück ins Jahr 1974 mit den Beobachtungen vom National Solar Observatory/Kitt Peak Vakuum Telescope (NSO/KPVT) möglich. Dabei sind folgende zwei Datensätze erhältlich. Der erste Datensatz wurde mit dem älteren Magnetographen (NSO-512) für die Zeitperiode von 1974 bis 1992 aufgenommen, der zweite mit dem Spektromagnetographen (NSO-SPM) für den Zeitraum von 1992 bis 2003. Als Erstes vergleichen und kalibrieren wir die NSO-SPM und MDI/SoHO Magnetogramme sowie die Kontinuumsbilder miteinander. Dies gibt uns die Möglichkeit zu testen, inwieweit die erdgebundenen NSO-SPM Daten für die Rekonstruktion der totalen Helligkeitsschwankungen verwendet werden können. Wir zeigen, dass diese Rekonstruktionen praktisch die gleiche Genauigkeit erreichen wie diejenigen, die mit den MDI Daten erstellt wurden. Als Zweites erweitern wir die NSO-SPM Rekonstruktionen der totalen solaren Helligkeit für die gesamte Beobachtungsperiode der NSO-SPM Daten, d.h. von 1992 bis 2003 (während den Zyklen 22 und 23). Der Vergleich mit Beobachtungsdaten ergibt für den gesamten Zeitabschnitt eine gute Übereinstimmung. Betrachten wir Zeitskalen, die grösser sind als die solare Rotationsperiode, finden wir kein unterschiedliches Verhalten der beiden Aktivitätszyklen 22 und 23. Dies impliziert, dass in beiden Zyklen die Evolution des magnetischen Flusses der Sonnenoberfläche die massgebende Quelle der Helligkeitsschwankungen ist. Im nächsten Schritt erweitern wir die Rekonstruktionen mit Hilfe des älteren NSO-512 Datensatzes, der mit den NSO-SPM Daten für einige Monate überlappt, bis zurück zum Jahr 1974, d.h. vom Minimum des Zyklus 21 bis zur abfallenden Phase des Zyklus 23. Die Resultate werden mit drei verschiedenen zusammengesetzten Messreihen der totalen solaren Helligkeit verglichen. Wir finden eine sehr gute Übereinstimmung mit der PMOD/WRC Messreihe. Auch stellen wir für Zeitskalen grösser als die solare Rotationsperiode kein unterschiedliches Verhalten zwischen den drei Zyklen fest. Dies impliziert, dass die gleiche Quelle der Helligkeitsveränderungen, d.h. die Evolution des magnetischen Flusses der Sonnenoberfläche, in allen drei Zyklen 21, 22 und 23 massgebend ist. Die Übereinstimmung mit den anderen beiden Zeitreihen (ACRIM und IRMB) ist weniger ausgeprägt. Insbesondere weisen die beiden Zeitreihen im Gegensatz zu den Rekonstruktionen eine langfristige Zunahme der Helligkeit auf. Dieses Resultat deutet an, dass entweder kein langfristiger Trend in der Helligkeit während den Zyklen 21 bis 23 existiert, oder dass ein solcher Trend ohne Beziehung zum Oberflächenmagnetismus steht. Dies schwächt die Ansprüche in der Literatur für das Vorhandensein eines solchen Trends und ist relevant für die Diskussion des Einflusses der solaren Helligkeitsschwankungen auf das Klima in den letzten Jahrzehnten. Basierend auf einer statistischen Analyse der rekonstruierten totalen Sonnenhelligkeit während den Zyklen 21 bis 23, identifizieren wir den jeweiligen Beitrag der verschiedenen magnetischen Gebiete auf der Sonnenoberfläche zur Änderung der totalen Sonnenhelligkeit. Zusätzlich bestimmen wir das Verhältnis von Umbra zur Sonnenfleckenfläche. Abschliessend studieren wir anhand der Position und Fläche von Sonnenflecken die Breite-Verteilung der Sonnenaktivität, indem wir die fünf niedrigsten statistischen Momente der latitudinalen Verteilung aller kompletten Sonnenfleckenzyklen seit 1874 miteinander vergleichen. Die gleiche Analyse angewandt auf unterschiedliche Dynamomodelle deckt bedeutende Unterschiede zwischen den Modellen auf. Es zeigt sich, dass diese Momentanalyse ein leistungsfähiges Werkzeug darstellt, das zwischen sich rivalisierenden Dynamomodellen zu unterscheiden vermag. Im Weiteren hat man mit dieser Analyse die Möglichkeit, für frühere Zeitabschnitte, in denen nur Sonnenfleckenzahlen existieren, das Schmetterlingsdiagramm genauer zu erstellen. Folglich können die Rekonstruktionen der solaren Helligkeit für den Zeitraum bis zurück zum Maunder Minimum verbessert werden.