So viel Zeit ist vergangen in So viel Zeit. Konni, Rainer, Ole und Bulle, die sich schon seit der Schulzeit kennen, sind in die Jahre gekommen. Sie hatten hehre Ideale, damals, auf der Abiturfeier im Sommer 1982. Sie wollten eine Band gründen und in New York auftreten. Das weiß der Leser, weil So viel Zeit mit einem Prolog über jene hoffnungsvolle Zeit beginnt, in der sich die vier unsterblich fühlen — allerdings nur, um diese Hoffnung gleich wieder zu zerstören. Fünfundzwanzig Jahre später würde einer der vier verlassen auf einer Baustelle sitzen und der vermeintlichen Liebe seines Lebens nachtrauern, heißt es in So viel Zeit; der Zweite würde Vater von Zwillingen sein, aber keine Frau mehr haben, der Dritte in einem billigen Loch sechshundert Kilometer weiter östlich liegen, und der Vierte könnte nachts nicht mehr schlafen. Außerdem würden sie zu fünft sein, denn fünf war eine magische Zahl. Dieser Fünfte ist Thomas, der eine 18 Jahre jüngere Freundin namens Corinna hat. Aber er ist nicht mehr zu beneiden als der Rest der Truppe, die immer noch ihren New-York-Auftrittstraum träumt, ansonsten aber ihrer Vergangenheit hinterher trauert. Ansonsten wird viel Doppelkopf gespielt in So viel Zeit — etwas zu viel für einen Leser, der nicht Karten spielen kann. Die Fachausdrücke nerven ein wenig, und der Satz von Corinna (Ihr nehmt den Scheiß zu ernst) kann man in diesem Fall getrost auf den Autor übertragen. Ansonsten aber nimmt Frank Goosen gar nichts ernst, auch sich selber nicht, denn das, was er beschreibt, hat auch sehr viel mit seinem Ich und dessen Leben zu tun. Das ist gut so. Denn an den besten Stellen gelingen Goosen Sätze von Woody-Allenscher Tragikomik, die die Personen trefflich charakterisieren (Leben ist eine tolle Sache. Ich liebe es, den anderen dabei zuzusehen). Alles in allem ist So viel Zeit Pflichtlektüre für Enddreißiger und Anfangvierziger, die langsam merken, dass sie nostalgisch werden (und nach Gründen dafür suchen). Aber auch Abiturienten sollten Goosens Buch lesen. Damit sie wissen, was einmal aus ihnen zu werden droht. — Isa Gerck, Literaturanzeiger.de